Hallo Mädels,
das kann ich so nicht stehen lassen!
Ich gehe mal davon aus, daß die meisten von Euch noch jünger sind und die Entwicklungsgeschichte der Funk- und Verstärkertechnik nicht mehr live und in Farbe mit erlebt haben.
Ich bin Baujahr 1946 und mit Röhrenradios und -Verstärkern aufgewachsen und habe mich schon sehr früh mit deren Aufbau und Funktionsweise tiefgründig auseinandergesetzt.
Lest mal meine Signatur. "Sag" fällt genau in diesen Bereich!
Sag wurde nicht extra für Gitarristen als Soundformung erfunden sondern war ursprünglich ein Nachteil der lautstarken Audiowidergabe aufgrund fehlenden, besseren technischen Möglichkeiten.
Laut geht mit SE, Gegentakt A, Gegentakt AB und anderen Versionen der Endstufe, die uns hier aber nicht weiter interessieren.
Die A-Varianten, wie eben auch SE, ziehen einen relativ gleichmäßigen Anodenstrom.
Bei AB ist das anders. Je nach aufgedrehter Lautstärke und Größe des Ansteuerungsignals schwankt der Anodenstrom
Nun kommen die damals möglichen Netzteile ins Spiel.
Für die Gleichrichtung gab es zunächst nur Röhre.
Später kamen Selengleichrichter, die aber schon bei höheren Umgebungstemperaturen und kurzzeitigen Überlastungen ihrem Namen "Gleich riecht er" Ehre machten.
Dann stanken die fürchterlich nach faulen Eiern.
Für richtig Laut eignete sich also nur Röhre.
Wie alle Röhren haben auch Gleichrichterröhren einen begrenzt möglichen Anodenstrom.
Um diesen nicht zu überschreiten geben die Datenblätter die maximale Kapazität des Ladekondensators im Netzteil an. In der Regel 47µ.
Um damit eine brummfreie Siebkette aufzubauen reicht eine C-R-C Variante meistens nicht aus.
Deshalb C-L-C Siebung mit einer Drossel.
Im AB-Betrieb und volles Rohr ist der kleine Ladekondensator schnell entladen und es kommt zum "Sag", Durchhang, absacken der Anodenspannung.
Durch diese Spitzen variiert auch der Innenwiderstand der Röhre. Der gesamte Vorgang wird dynamischer und ist durch einen festen "Sagwiderstand" nicht real nachbildbar.
Straffe Netzteile mit SI-Dioden-Gleichrichtung und dicken Ladeelkos kann man zu diesem Effekt nicht zurück überreden!!!
Akustisch äußert sich die "Misere" in einem harten Anschlag, danach abfallender und langsam wieder ansteigender Lautstärke. Es klingt kompressionsähnlich!
So, vielen Dank fürs mitlesen und der hoffentlichen Erkenntnis, daß es bei Sag nicht um Voodoo sondern einfach nur um technische Unvollkommenheiten geht.
Mal in Tonträger alter großer Rockfestivals reinhören.
Jimmy nutzte außer Boxen-Feedback, zwangsläufig, auch Sag.
Gruß
Peter