Hilfe bei der Auslegung der PSU für Röhrenprojekte

  • Hallo zusammen,

    ich hatte es vor einiger Zeit mal an anderer Stelle erwähnt, ich bin aktuell am Bau einer EL84-Endstufe mit LTP und möchte dieses Mal die PSU selbst gestalten.

    Gelesen habe ich einiges zum Thema PSU-Design, z.B. in Merlins Buch (Designing High-Fidelity Valve Preamps) aber so richtig bekomme ich gedanklich noch keinen Knopf dran.

    Konkret geht es um den anhängten Schaltplan. Ein LTP, realisiert mittels 6N2P, treibt zwei EL84 in Push-Pull mit Kathodenbias an. Dazwischen der Vox-typische "Cut-Regler" sowie ein LarMar-PPIMV. Auf Gegenkopplung, Presence und Depth habe ich hier mal der Einfachheit halber verzichtet, das kommt dann vielleicht mal im nächsten Projekt...

    Der Netztrafo bringt sekundärseitig 250 V RMS, sind rund 350 V Peak. Bei der Simulation bin ich so vorgegangen, dass ich bei angenommener B+ von 350 V und sinnvollen Betriebsparamtern den Strom durch die jeweiligen Bauteile simuliert und entsprechend addiert habe. Der LTP landet bei 1-2 mA (B+3), die Schirmgitter der beiden EL84 zusammen bei 2-3 mA (B+2) und B+1 über den AÜ dann bei runden 100 mA. Denke das sind plausible Werte. Diese habe ich dann für die Simulation der PSU als Lasten verwendet.

    Sieht jetzt für mich alles nicht so verkehrt aus.

    Frage: Wie gehe ich sinnvollerweise denn nun vor bei der Berechnung von Reservoir-Elko und RC-Gliedern. Neben der gewünschten Glättung (woher weiß ich, was sinnvoll ist?), die mit den RC-Gliedern bewerkstelligt wird haben die Elkos ja auch nochmal die Funktion eines lokalen Reservoirs. Klingt alles toll, kann ich gut wiedergeben aus dem Buch.

    Aber: Was heißt das denn praktisch? Wie ermittele ich sinnvolle Werte für die RC-Glieder? Woher weiß ich, wie viel Spannungsabfall über die Widerstände "in Ordnung" ist?

    Ganz herzliches Dankeschön schon im Voraus und lieben Gruß,

    Max <3

    "Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann."
    - Antoine de Saint-Exupéry

  • Hallo,

    wenn ich die Betriebswerte (sind 5 Nachkommastellen eigentlich genau genug? :P ) richtig deute, kommst du auf eine Anodenverlustleistung von ca. 16,7 W! - Die Röhre hat ein Pdmax von 12 W. Entweder du erklärst mir meinen Interpretationsfehler oderes bedeutet "Gehe zurück auf Anfang". Dann wäre es für Netzteilüberlegungen noch was zu früh.

    Wenn du nicht einfach "gute" Netzteildesigns nachbaust, wird es hochkomplex. Das fängt an bei "Was hört man gerade noch an Brumm im Lautsprecher?" (Daten des Lsp!) über "Wieviel wird eine Brummspannung an welcher Stelle/Stufe verstärkt?" bis "Welche Spannungsschwankung (=Brumm) erzeugt eine bestimmte Stromentnahme an einer bestimmten Kapazität?" - Da gibt es (sehr unterschiedliche) (Faust-)Formeln für.

    Und für die Vorstufen ist die Siebwirkung eines (oder mehrerer) RC-Glieder zu berechnen (unter Berücksichtigung "realer" Elko-Eigenschaften wie ESR).

    Gruß, Bernd

    Jaichweiß (Andy Pipkin)

  • Hi,

    Gibt da iwo extra Rechner für,wenn die Stromaufnahme Deiner Schaltung kennst,aber ich würd da gar nicht so nen Heckmeck machen mit der Rechnerei und mich an bewährtes halten,ist doch nichts aussergewöhnliches Deine Endstufe,ähnliches gibts zu Hauf,und so auch die PSU´s dazu,

    Schau Dir doch einfach ein paar Fender und Marshall Schaltungen an,da kannste teils die Werte schon übernehmen.

    Und ne Gleichrichterröhre,die nur ne bestimmte Max. kapazität als ersten Ladeelko sehen darf,haste ja auch nicht drin.

    Die 4 dicken C´s hinterm Gleichtichter würde ich einfach alle mit 50µf veranschlagen,sollte Dicke reichen.

    Gruß,

    Micha

  • richtig deute, kommst du auf eine Anodenverlustleistung von ca. 16,7 W! - Die Röhre hat ein Pdmax von 12 W. Entweder du erklärst mir meinen Interpretationsfehler oderes bedeutet "Gehe zurück auf Anfang". Dann wäre es für Netzteilüberlegungen noch was zu früh.

    Das ist doch bei vielen teils auch etablierten Amp Herstellern so,das die EL84 bis zum dorthinaus getreten wird,um dieser ein ähnliches "Klangverhalten" wie einer EL34 zu entlocken,übrigens auch bei den 18wattern von TT so,bei dem 18W Plexi warens dann 17,5 W!

  • Guten Morgen liebe Freunde,

    ich muss glaube ich noch paar Infos liefern.

    wenn ich die Betriebswerte (sind 5 Nachkommastellen eigentlich genau genug?

    Ich habe in LTSpice noch nicht herausgefunden, ob und wie man diese Tags berbeiten kann. Das ist keine manuelle Beschriftung, sondern ein automatisierter Text, der sich bei jeder Simulation je nach Werten und Bedingungen anpasst.

    Habe es rausgefunden. Für die LTSpice-Fans: Das ist ein .op Label. Wird gesetzt, wenn man eine Arbeitspunktsimulation über .op laufen lässt und dann mit links in den Schaltplan klickt. Auf ganze Zahl runden: Label mit rechts anklicken. Dort steht dann "$" drin als Wert. Diesen einklammern in "round($)". Dann wird auf die ganze Zahl gerundet. Man kann auf beliebig viele Nachkommastellen runden. Eine Nachkommastelle z.B. über "round($*10)/10)".

    das ist eine Erklärung, aber ob das gutgeht - die zusätzliche Schirmgitterleistung hatte ich gar nicht erst ausgerechnet...

    Genau, die EL84 werden etwas getreten. Ginge das tatsächlich so schlecht und wäre kritisch, dann wäre Brian May für seinen AC24 anstatt AC30 bekannt. ;) Damit würde ich noch spielen tatsächlich, im Endeffekt hängt hier alles an der Größe des Kathodenwiderstand R13. Das ist so noch nicht ganz fix.

    aber ich würd da gar nicht so nen Heckmeck machen mit der Rechnerei und mich an bewährtes halten,ist doch nichts aussergewöhnliches Deine Endstufe,ähnliches gibts zu Hauf,und so auch die PSU´s dazu,

    Schau Dir doch einfach ein paar Fender und Marshall Schaltungen an,da kannste teils die Werte schon übernehmen.

    Genau das habe ich ja bisher in der Schaltung gemacht. Die Endstufe ist in der Tat nichts besonderes. Habe mir einige EL84-Endstufen mit Kathodenbias (TT AC18, TT 18 Watt, Orange OR15, AC30 etc.) angeschaut und die Werte irgendwo in dem Bereich belassen. Eben auch bei der PSU. Die unterscheiden sich allerdings teils erheblich je nach Amp. Was mir klar ist, ist dass man bei Röhrengleichrichtung sowieso limitiert ist was die Größe der Elkos angeht. Das habe ich ja bei Diodengleichrichtung nicht. Ich formuliere es mal so: Was spricht denn gegen große Elkos (100-220 µF), abgesehen vom Preis und der Bauteilgröße? Also gibt es Gründe, die für kleinere Elkos sprechen?

    Danke und lieben Gruß,
    Max <3

    "Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann."
    - Antoine de Saint-Exupéry

  • Zwei Überlegungen dazu:

    Bei einer PP Class (A)B Endstufe steigt der Strombedarf mit der Aussteuerung (im Ggs. zur reinen Class A):

    Je nach Elkokapazität kann man (gewünschten) Sag haben oder auch nicht.

    Ein beliebiges Vergrößern des direkt am Gleichrichter liegenden Lade-C kehrt sich ins Gegenteil um: Die Ladezeit wird immer kürzer, der Ladestromimpuls immer höher, die Widerstände im Kreis Trafowicklung-Gleichrichter Lade-C spielen immer mehr eine Rolle.

    Das gilt nicht für nachfolgende Filter-C, wenn sie durch entsprechend große Rs vom Ladekreis "entkoppelt" sind.

    Ich weiß, der Text enthält keine Formeln... ;)

    Danke für die LTSpice Erklärung!

    Gruß, Bernd

    Jaichweiß (Andy Pipkin)

  • Vielen Dank für die Erklärung, Bernd! Verstehe ich. Dann versuche ich generell einfach mit Kondis und Widerständen recht klein zu bleiben. Außerdem habe ich der PSU noch nen 470k-Entladewiderstand gegönnt, damit sich die Elkos nach Ausschalten selbst entladen.

    Gibt da iwo extra Rechner für,wenn die Stromaufnahme Deiner Schaltung kennst,aber ich würd da gar nicht so nen Heckmeck machen mit der Rechnerei und mich an bewährtes halten

    Rechner hab ich gefunden und installiert, ist von DuncanAmps, die auch den Tonestack-Calculator gemacht haben. Ist ganz nett, kann aber nicht mehr als LTSpice, sondern weniger. Komme auch auf die gleichen Ergebnisse.

    Ich nehme mit: Macht keinen Sinn, zu viel nachzudenken bei der PSU?

    Lieben Gruß und wie immer herzlichen Dank für's Mitdenken und Rat geben,

    Max <3

    "Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann."
    - Antoine de Saint-Exupéry

  • Hallo,

    "Dann versuche ich generell einfach mit Kondis und Widerständen recht klein zu bleiben."

    Achtung, die Rs in den nachfolgenden Siebketten spielen keine Rolle!

    Der Wicklungswiderstand des Trafo, Art und Qualität des Gleichrichters, ESR des Lade-Elkos, evtl. vorhandene Sicherungen und(!) die Ausführung der Verdrahtung dieser Komponenten haben den Einfluß, den ich meinte.

    Hendrixianer: "Netzteile klaue ich grundsätzlich aus Plänen meiner mittlerweile riesigen Schaltplansammlung."

    Mach ich auch so, aber mit zwei Kriterien/Fragen:

    1. Bei kommerziellen Amps: Wie sehr spielte Gewinnmaximierung vor Qualität eine Rolle? - Dann sind die Cs (und anderes) schon mal knapp ausgelegt.

    2. Bei DIY-Amps: Hatte der Bastler einfach 500 Stück Elkos 470µ/180V als Sonderposten da liegen und mußte die er dann seriell (und evtl. auch parallel-)schalten? - Den Blödsinn mach ich dann auch nicht mit... es sei denn, ich habe den gleichen Sonderposten gekauft... ;( 8o

    Gruß, Bernd

    Jaichweiß (Andy Pipkin)

  • Lange gelagerte Elkos sollte man vor Einbau sowieso formieren (nee, nich formatieren). Die Methode(n) dazu sind Gegenstand unzähliger Diskussionen im Netz. Dann kann man auch gleich den Leckstrom als weiteres Qualitätskriterium messen.

    Der ESR von HV-Elkos aus der Röhren Hoch-Zeit war eher jenseits von gut und böse verglichen mit modernen Elkos.

    Gruß, Bernd

    Jaichweiß (Andy Pipkin)

  • Super cool, herzlichsten Dank, lieber Micha!

    Du kennst mich schon zu gut, einfach nachmachen ist mir nicht genug. Kann sein, dass ich die nachbaue, aber lernen will ich immer und bei allem, was ich bastele. Perfekter Link also :)

    "Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann."
    - Antoine de Saint-Exupéry

  • ist doch gut so,wenns Jemanden wie Dich nicht gäbe,die selber etwas erschaffen,könnte es auch Leute wie mich nicht geben,die das dann nachbauen,weil Sie lieber auf bewährtes zurückgreifen,und natürlich auch weils einfacher ist :D ,da bin ich wohl was faul oder einfach gestrickt.

  • More Stuff ;)

    Design Considerations - 2

    https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&ved=2ahUKEwjnrJahxJ30AhWL66QKHdvQBsU4ChAWegQIBBAB&url=https%3A%2F%2Fpub.dega-akustik.de%2FDAGA_2018%2Fdata%2Farticles%2F000119.pdf&usg=AOvVaw2WpiXD1btWH249iRPtE6t6

    6.4 Design of the power supply unit for the vacuum tube amplifier stages - Vacuum Tube Amplifiers - DIY
    The schema of the power supply unit for the stages of the amplifier is given in Figure 53. As discussed in Section 5.1, it is composed of a power supply…
    www.vtadiy.com
    5.1 Power supply for the vacuum tube amplifier stages - Vacuum Tube Amplifiers - DIY
    The different stages of the amplifier require different voltage, absorb a different amount of current, and are more or less sensitive to noise (e.g. hum)…
    www.vtadiy.com
  • Hi Christoph,

    habe eben nochmal bei Merlin nachgelesen und da steht was zum Thema. Es werden sogar die 1N4007 explizit hinsichtlich ihrer relevanten Kennzahlen durchdiskutiert. Nach den Daten reverse-repetitive maximum voltage Vrrm, peak inverse voltage PIV und average forward current IF(av) geht es dann auch um den Einschaltstrom:

    "A maximum non-repetitive surge current (e.g. inrush) rating will be quoted, but for modern diodes it will be so far in excess of anytyhing we have to deal with in a conventional power supply that this is not something we have to worry about either."

    (Blencowe, Merlin. Designing High-Fidelity Valve Preamps. Blencowe, 2016, S. 373.)

    PS: Habe eben mal nachgeschaut. Im Datenblatt werden 30 A für 8.3 ms für die 1N4007 angegeben. Das ist in der Tat viel.

    "Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann."
    - Antoine de Saint-Exupéry

    Einmal editiert, zuletzt von Moonshine (16. November 2021 um 21:46)

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